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Frau Sopherl und die Kartellitis (14.2.2010)

... oder: Über Kellerfenster und Banknoten mit Flügerl

 

Also gut, der Herr (SPÖ-) Gemeinderat Dr. Stürzenbecher ist auf den Herrn (ÖVP-) Gemeinderat Mag. Dworak sauer, wegen dessen Äußerung zu dem Installateur-Preisabsprachen-Dingsbums.

Okay, das ist die Frau Sopherl auch! Weil der Herr Magister es trotz seiner Zuständigkeit für Mietrechtsthemen im Gemeinderat immer noch nicht schafft, wenigstens Betriebskosten und Hauptmietzins auseinander zu halten. Installateursarbeiten, Herr Gemeinderat, fallen in den allermeisten Fällen unter Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten (daher Hauptmietzins), und nicht in den Betriebskostenkatalog. Das sollte man eigentlich schön langsam wissen.

Aber darüber regt er sich ja nicht auf, der Herr Doktor Stürzenbecher – er regt sich darüber auf, dass sich der Herr Magister Dworak aufregt. Soweit nichts Neues – wir reden ja vom Gemeinderat, punkto Verhaltenskreativität so in etwa mit dem Betriebskindergarten der Gemeinde Wien vergleichbar!

Neugierdsnaserl, wie die Frau Sopherl nun einmal ist, grabt sie ein bisserl weiter, warum denn der Herr Gemeinderat Stürzenbecher so auf der Rathausmann-Palme ist.

Kartell, Preisabsprachen, Wettbewerb, Marktverzerrung .... da fallt der Frau Sopherl nicht nur die grad hochkochende Installateursgilde ein.

War da nicht kürzlich was mit Aufzugsfirmen? Schon, gell?

Und dann war da was mit Fliesenlegern. Neulich erst, gell?

Ein Einzelfall ist ein Zufall, zwei Zufälle sind kein Einzelfall mehr, drei Zufälle sind kein Zufall.

Und da war doch mal was ... da fallt der Frau Sopherl doch noch was ein! War da nicht am 4.6.2008 ein dringliche Anfrage im Gemeinderat zum Thema "Ausschreibungsverfahren bei Bautätigkeiten“?

Und was meinte da unser obige Gemeinderat Doktor Stürzenbecher? Er „... hob hervor, dass Wiener Wohnen europaweit die größte Immobilienverwaltung sei. Durch Neubau und Sanierung würden jährlich rund 280.000 Kleinbauleistungen vergeben. 400 Ausschreibungen pro Jahr würden durchgeführt. Man könne insgesamt sehr stolz auf die korrekte Abwicklung in derart großen Dimensionen sein. Die Stadt Wien und Wiener Wohnen seien im höchsten Maß daran interessiert dem Wiener Vergaberechtsschutzgesetz Folge zu leisten. Wenn konkrete Verdachtsmomente vorlägen, werde sich die Interne Revision von Wiener Wohnen darum kümmern.“

Noch etwas wurschtelt sich der Frau Sopherl ins Gedächtnis! Eine Aussendung „Wien macht im Wohnbau Gutes noch besser!“ vom 24.6.2008. Da sagte der Vorsitzende des Wohnbauausschusses, SP-Gemeinderat Dr. Kurt Stürzenbecher (ja, genau der!) in der heutigen Rechnungsabschluss-Spezialdebatte des Wiener Gemeinderats: “Das Ziel der Stadt Wien ist, möglichst viele soziale Wohnungen zu errichten. Auch haben wir den Anspruch, Gutes noch besser zu machen!”. Im Bereich Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung wurden 2007 insgesamt 761 Millionen Euro ausgegeben. Davon alleine 540 Millionen Euro für den Wohnbau.

Am 22.12.2008 meinte Dr. Stürzenbecher in einer OTS-Meldung"Allein im heurigen Jahr wendet die Stadt Wien-Wiener Wohnen dafür rund 622,5 Millionen Euro - das sind in alter Währung rund 8,5 Milliarden (!) Schilling - auf. Allein im Bereich der Sanierung werden in Summe mehr als 150 Millionen Euro investiert. Zudem werden jährlich bei rund 3.700 Gemeindewohnungen Ausstattungs-Standardanhebung auf beste Wohnkategorie A vorgenommen. Allein 2008 wurden in 59 Wohnhausanlagen mit insgesamt knapp 10.000 Wohnungen Sanierungsarbeiten begonnen. Die Fakten belegen also, dass Wien bei der Wohnhaussanierung bzw. -erhaltung offensiv agiert".

Also kann man einmal davon ausgehen, dass dem Herrn Gemeinderat Doktor Stürzenbecher die Größenordnung der Aufträge durchaus bekannt ist, die bei Wiener Wohnen so über den Tresen gehen.

Man könne also insgesamt sehr stolz auf die korrekte Abwicklung in derart großen Dimensionen sein? Ah, das ist aber interessant! Gutes noch besser machen ... okay!

Hat denn das Wiener Kontrollamt nicht schon früher zahlreiche Unregelmäßigkeiten bei Bauarbeiten in Gemeindebauten aufgedeckt und mangelnde Kontrollen durch Wiener Wohnen bemängelt?

Doch, hat es, wenn man so nachliest.

Auch zur Vergabe von Glaserarbeiten stößt man auf bemerkenswerte Passagen: Zu erwähnen war, dass bei vier der sechs Auftragnehmer eine gesellschaftsrechtliche Verflechtung bestand. So war im Prüfungszeitpunkt der handelsrechtliche Geschäftsführer der L. GmbH auch der Prokurist der H. GmbH, der K. GmbH und der T. KG. Die Zusammengehörigkeit der Unternehmen spiegelt sich auch in den Anwesenheitslisten zu den Angebotseröffnungen wider. Bei sechs der neun Angebotseröffnungen wurde eine Rechtsvertreterin von den Unternehmen zur Teilnahme bevollmächtigt und bei zwei Angebotseröffnungen nahm der Geschäftsführer der L. GmbH als Prokurist für die T. KG teil. Daraus ergab sich, dass bei 16 der 20 von WW vergebenen GT eine Verbindung zwischen den AN bestand.

Ah ja!

Also die Frau Sopherl hätt’ jetzt fast den Eindruck, dass Wiener Wohnen als Vergeber von Großaufträgen mit horrenden Summen wenig Berührungsängste mit schon auf den ersten Blick auffälligen Anbieterstrukturen hat.

Und die vom Herrn Gemeinderat Doktor Stürzenbecher zitierte Interne Revision von Wiener Wohnen hat zu dem allen in der Pendeluhr geschlafen?

War da gleich noch oben drauf nicht etwas mit einem Referatsleiter bei Wiener Wohnen? Einem, dem unerlaubte Geschenksannahme und Amtsmissbrauch zur Last gelegt wurde, weil er Firmen bei der Auftragsvergabe bevorzugt habe?

Aber das war doch der, wo die Sache dann „gut“ ausging, oder? Ein Mitarbeiter der Einrichtung "Wiener Wohnen" - sozusagen die Hausverwaltung der Wiener Gemeindebauten - ist am Mittwoch im Straflandesgericht vom Vorwurf des Amtsmissbrauchs freigesprochen worden. Dem Mann wurde vorgeworfen worden, bestehende Aufträge von Unternehmen ohne Prüfung verlängert und dafür u. a. einen Kurzurlaub und Gutscheine kassiert zu haben. Der Schöffensenat kam nach zweimonatiger Verhandlungsdauer zum Schluss, dass der Angeklagte keinen Beamtenstatus hatte, womit die rechtliche Basis für einen Schuldspruch nicht gegeben war.

Also nur, damit die Frau Sopherl das richtig versteht! Da war nicht davon die Rede, es wären keine Geschenke angenommen worden. Eine Bevorzugung könnt es vielleicht auch gegeben haben? Nur: Es war kein offizieller Beamter – damit ist die Sache straffrei?

Wie war das noch einmal gleich, als die Installateursgschicht sehr zum Unwohlsein der Beteiligten das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat? Was hat da das Büro des zuständigen Stadtrats am 24.5.2008 gemeint? „Die Preiskalkulationen seien von gerichtlichen Sachverständigen erstellt worden und somit korrekt.“

Ah so!

Und jetzt meint der Herr Gemeinderat Doktor Stürzenbecher auf einmal, eine genaue Prüfung und Aufklärung ist - zum Wohl und zur Schadloshaltung der Mieterinnen und Mieter - auch der Hausverwaltung Wiener Wohnen ein wichtiges Anliegen. Sollte sich im Lauf des Verfahrens zeigen, dass die Anschuldigungen zutreffen, wird die Wiener Wohnen alle rechtlichen Möglichkeiten voll ausschöpfen??!!

Dazu soll sich die Frau Sopherl nix denken, wenn sie einen Strich unter die Rechnung da oben macht und zusammenzählt? Echt?

Eigentlich müsst sich die Frau Sopherl angesichts der Unfassbarkeiten da oben fragen, ob – so wie behauptet wird – heute wirklich mehr an Gemeindebauten saniert wird, oder ob angesichts der Preis-Aufklärungswürdigkeiten nur die Kosten je Sanierung gestiegen sind. Müsste sie, die Frau Sopherl!

Gutes noch besser machen, ah so!

Da hat die Frau Sopherl doch noch was gefunden!

"Hätten nicht viele Wiener Beamte jahrelang aus Unfähigkeit oder aus Kalkül alle Augen zugedrückt, wäre das Wiener Baukartell nicht zu einer florierenden Institution geworden", stellte heute XY, fest. Er hoffe, dass dieses Zusammenspiel auch im heute beginnenden Wiener Baukartell-Prozess anklingen werde. Der Wiener Politik stellte XY ein schlechtes Zeugnis aus: "Das Baukartell hätte von YX & Co zum Anlass genommen werden können, eine erfolgreiche Offensive gegen Korruption im Wiener Rathaus zu starten. Stattdessen wurde minimale Kosmetik bei der Vergabepraxis signalisiert, weshalb zweifelhafte Auftragsvergaben aus dem Rathaus weiterhin keine Seltenheit sind", kritisierte XY.

Die Namen der beteiligten Politiker hat die hinterfotzige Frau Sopherl ersetzt, damit Sie mitraten können, von wann diese Meldung stammt.

Na? Kommen’s drauf? Es ist der 15.1.2001!

Und deswegen ist der Herr Gemeinderat Doktor Stürzenbecher jetzt sauer? JETZT?

Vielleicht auch auf die Frau Sopherl…

Weil die fragt sich jetzt, woran es liegt, dass Wiener Wohnen solche Vorfälle besonders in letzter Zeit anzieht, wie ein Kuhfladen die Fliegen.

Die Mega-Auftragssumme und Anzahl an Deals kann da schon eine große Rolle spielen. Aber dass das so ist, wird ja auch bis jetzt bei den Verantwortlichen kein Geheimnis gewesen sein, oder? Das hat man bisher nicht gewusst?

Oder liegt es auch daran, dass Wiener Wohnen selbst anscheinend nicht nur zu auffälligen Firmenkonstrukten wenig Berührungsängste an den Tag legt, sondern auch zur kreativen Preisgestaltung?

Da hat man doch im Jahr 2007 bei der Grünflächenpflege kraft einsamer Willkür selbst den Markt ausgeschaltet und die Preise fast verdreifacht. Nein, das war natürlich kein Kartell. Das war eine „Inhausvergabe“. Na ja, dass das Kontrollamt dran ein bisserl herumgemotzt hat, ist halt ein kleiner Wermutstropfen. Aber die haben ja immer was zu meckern.

Hat die Frau Sopherl noch was vergessen?

Vielleicht!

Wird sich hinterher vielleicht herausstellen, dass die Frau Sopherl noch viel mehr vergessen hat?

Vielleicht!

Aber nicht vergessen wird sie, dass sie auch umgekehrt auf den Herrn Gemeinderat Doktor Stürzenbecher ziemlich sauer ist. Weil der nämlich nur auf den Herrn Gemeinderat Magister Dworak sauer ist, statt dass er endlich seine Kontrollfunktion als Gemeinderat ernst nimmt, die Verantwortlichen aus dem eigenen Lager kräftigst in den Hintern tritt und dafür sorgt, dass nicht noch mehr von unserem Steuergeld zum Fenster hinausfliegt.

Zum Kellerfenster halt, wo es ein Wengerl dunkler ist.

Wie der Herr Gemeinderat Doktor Stürzenbecher nämlich wissen müsste, ist die Bilanz von Wiener Wohnen längst dunkelrot. Das mag eine der SPÖ recht vertraute Farbe sein. Für ordnungsgemäß operierende Aufsichtspersonen ist es das nicht.

Für die Frau Sopherl eigentlich auch nicht.

Aber sie ist ja nur die Frau Sopherl!

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